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Wanderung auf die Hochplatte (2082 m)

Photo by Sandra Steh

Schwindelfreiheit trainieren in den Ammergauer Alpen

Photos: Sandra Steh | www.steh.de

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Es ist einer dieser Samstage, an denen man sich frühmorgens aus dem Bett schält, noch gerädert von den Anstrengungen der Arbeitswoche und sich fragt, warum man es eigentlich nicht wie die anderen da draußen macht: Einfach mal so lange wie möglich schlafen, um sich dann zum überteuerten Brunch in irgendeinem veganen Superrestaurant zu treffen. In diesem einen Moment wirkt dieser Gedanke ungeahnt verführerisch.

Doch insgeheim wissen wir: spätestens sobald der Zug sich durch noch nebelverhangene Felder schlängelt und die ersten Sonnenstrahlen des Tages die Berge am Horizont in ein verheißungsvolles, goldenes Licht tauchen, ist jeder Gedanke an warme Federbetten und Low Carb-Buffets vergessen. Der Körper kribbelt vor Vorfreude und wir wissen genau, warum es sich einfach JEDES MAL lohnt.

Unser Ziel heute: Die Hochplatte in den Ammergauer Alpen. Mit dem Zug allein ist der Ausgangspunkt leider nicht erreichbar. Von Garmisch aus müssen wir noch ein Stück weiter Richtung Reutte, um den schönen Aussichtsberg der Zugspitz Region zu erreichen.


Ausgangspunkt:
Ammerwaldalm, 6600 Reutte, Österreich


Höhenmeter
ca.1000hm


Länge:
10,6 km

Gehzeit:
ca. 5-6 Stunden

Aufstieg:
ca. 3-4 Stunden

Abstieg:
ca. 2 Stunden

Schwierigkeit:
mittel-schwer (kurze, gesicherte Klettereien) Schwindelfreiheit, Trittsicherheit, Kondition

Ausrüstung:
normale Wanderausrüstung
je nach Wetter leichte bis feste Wanderschuhe
leichte Daune, Regenjacke, Rucksack, ggf. Stöcke


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Los geht’s kurz hinter der Grenze an der bewirtschafteten Ammerwaldalm, wo man bequem parken kann. Nach kurzer Zeit wandern wir durch lichten Wald in zunächst flachem Gelände zurück nach Deutschland, bevor wir den neben uns fließenden Bach überqueren. Die mit glasklarem Wasser gefüllten Gumpen laden im Sommer zum Baden ein. Im Herbst kann man nach der Tour im kühlen Wasser die müden Füße kühlen.

Der Weg nach oben

Von hier an schlängelt sich der Weg steiler den Berg hinauf. Schnell wird uns warm, während wir in der noch flach stehenden Morgensonne, von unzähligen Schmetterlingen umtanzt, in die Höhe schnaufen.

Die Wegfindung ist einfach. Es gibt nur diesen einen Weg, Verlaufen ist quasi unmöglich. Einzig ein paar Sturmschäden erschweren teilweise das Vorankommen und machen den steinigen Pfad zu einem spielerischen Hindernisparcour.

Während die Sonne mit uns in die Höhe steigt, überklettern wir umgefallene Bäume und gelangen mithilfe fantasievoller Brückenkonstruktionen über die kleinen Gebirgsbäche, die hier immer wieder die malerische Landschaft durchziehen.

Nach einer guten Stunde erreicht man mit zügigem Schritt die Abzweigung, an der die Rundtour über die Hochplatte beginnt. Die meisten wählen hier den Aufstieg über die linke Seite. Wir jedoch entscheiden uns für die rechte Variante, einen etwas flacheren Auf- und steileren Abstieg – dafür hat man den Weg quasi für sich.


Tipp
Wer nicht ganz so trittsicher und schwindelfrei ist, biegt hier ebenfalls rechts ab und wählt die weniger ausgesetzte Route bis zum Gipfelkreuz. Von dort geht es auf gleichem Weg wieder zurück. So vermeidet man die technisch schwierigeren Passagen des Grates.


Unsere Laune steigt mit der immer schöner werdenden Aussicht und auch das Wetter – eigentlich war Regen vorhergesagt – meint es sehr gut mit uns. Zwischen den Latschen wird es uns auf den steinigen Serpentinen zeitweise sogar richtig heiß. Doch als wir am Einstieg in den Gipfelgrat nicht nur von ein paar gelangweilt dreinblickenden Kühen, sondern auch von einem heftigen Wind begrüßt werden, packen wir die Jacken schnell wieder aus.


Beschilderung "Alpine Gefahr!":

Die Rundtour über die Hochplatte ist als schwarze (schwierige) Wandertour mit alpinen Gefahren ausgeschildert. Das bedeutet, dass sie steile, teilweise ausgesetzte Stellen beinhaltet und zeitweise die Hände zu Hilfe genommen werden müssen. Ob das für euch eine Schwierigkeit darstellt, müsst ihr selbst einschätzen. Für mich war diese Wanderung eine ausgedehnte Genusstour, während der ich mich zu keiner Zeit bedroht gefühlt habe. Aber ihr wisst ja, wie subjektiv das Empfinden am Berg ist.

Einkehrmöglichkeiten gibt es unterwegs nicht. Ihr solltet euch also genug zu trinken und eine Brotzeit mitnehmen.


 Gratüberschreitung & Gipfel

Jetzt beginnt das Highlight der Tour: Der Gipfelgrat. Zunächst durchqueren wir noch vereinzelte Latschenfelder. Dann wird der Weg langsam schmaler und wir erreichen die ersten Stahlseilversicherungen.

Auf der einen Seite der Forggensee, auf der anderen das Zugspitzmassiv und in der Ferne ein Meer aus blauen Bergspitzen. Während wir den Grad entlang wandern und dabei entgegenkommende Wanderer und Gämse grüßen, kommen wir aus dem Staunen gar nicht mehr heraus.

Obwohl sich der Himmel mittlerweile etwas verdunkelt hat und uns hier oben ein stärkerer Wind um die kalten Nasen bläst, sind wir völlig verzaubert von der Schönheit dieses Bergpanoramas.

Die unendlichen Schattierungen von Grün-, Blau-, Braun- und Grautönen lassen die Landschaft fast unecht, ja beinahe kitschig wirken und würden jeden Bob Ross-Lehrling vor eine echte Herausforderung stellen.

Nach guten drei bis vier Stunden erreicht man den von Bergdohlen umkreisten Gipfel. Die Vögel genießen das leicht stürmische Wetter. Pfeifend stürzen sie sich nahe der steilen Felswände in die Tiefe, um wenig später, den Aufwind einer weiteren Böe nutzend, wieder nach oben zu schnellen und knapp an unseren Köpfen vorbei über den Grat in die Ferne zu sausen.

Wir beschließen, den neugierigen Gaunern aus dem Weg zu gehen und unsere Gipfelbrotzeit an einen windgeschützteren Ort zu verlegen. Für jeden, der sich auf dem schmalen Grat nicht ganz sicher fühlt, ist es jetzt Zeit, umzukehren. Für alle anderen beginnt nun der spaßigste Teil der Tour. Von hier aus verschmälert sich der Grat weiter, bis man schließlich die Schlüsselstelle erreicht.

Vorsicht: So schön die Aussicht hier auch sein mag, vergesst nicht, auf euren Weg zu achten. Dieser ist zwar durchgehen sehr gut befestigt, wer hier jedoch ausrutscht oder stolpert, wird sich der Bedeutung "alpiner Gefahren" vielleicht bewusster als ihm lieb ist.


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 DIE SCHLÜSSELSTELLE

Die Schlüsselstelle der Hochplatten-Rundtour ist ein kurzer, mit einem Drahtseil versicherter Steig, den man von unserer Richtung kommend, am besten rückwärts absteigt. Anschließend geht es über ein paar Eisenklammern noch einmal steil aufwärts über einen Felsvorsprung und schon ist die kleine Kletterpassage geschafft.

An dieser Stelle ist Konzentration und Schwindelfreiheit notwendig (siehe Bilder). Ein Minimum an alpiner Erfahrung ist sicher von Vorteil, gerade weil der ungeübte Wanderer zu diesem Zeitpunkt der Tour auch schon seine Beine spüren wird. Bei Regen oder Schnee kann es hier sehr rutschig werden. Entsprechend ist natürlich noch größere Vorsicht geboten.

DER ABSTIEG

Am Fensterl (Felsloch & beliebter Fotospot) angekommen ist der Grat überstanden. Wir halten noch einmal inne und drehen uns um die eigene Achse, um diesen 360 Grad-Rundumblick über die Allgäuer und Lechtaler Alpen in uns aufzusaugen. Von jetzt an geht es bergab. Für mich bedeutet das: Stöcke raus, um Stürze zu verhindern und die Knie zu schonen. Der steile Abstieg über Schotter hat es in sich und geht noch einmal ordentlich auf die Oberschenkel.

Schnell verlieren wir die so mühsam erklommenen Höhenmeter und verabschieden uns innerlich von dieser wundervollen Kulisse, mit der wir uns für einen Tag umgeben durften. Auf dem Weg ins Tal kommen uns einige Leute mit Zelten entgegen. Die Hochplatte ist in den letzten Jahren zum beliebten Campingplatz avanciert. Aber Vorsicht! Erlaubt ist das nicht. Die Ammergauer Alpen sind ein Naturpark. Dies zu respektieren sollte selbstverständlich sein. Dazu gehört es, sich an gewisse Regeln zu halten, auf den Wegen zu bleiben und alles Mitgebrachte wieder mit nach Hause zu nehmen (auch Bananenschalen und Zigarettenstummel!!!).

Ich freue mich immer, Gast hier sein zu dürfen, in einer Umgebung, deren Schönheit jeden wachen Geist einfach überwältigen MUSS! Warum ich es nicht wie so viele andere mache, am Samstag ausschlafe und viel Geld für Brunches ausgebe? Weil hier oben die einfachste Brotzeit immer viel besser schmeckt!


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