So findest du dein neues Mountainbike

Tipps für dein neues Mountainbike – oder: So hauen wir die Urlaubskasse 2020 doch noch auf den Kopf

So wie es aussieht, macht Corona unseren (Fern-)Reiseplänen 2020 einen ordentlichen Strich durch die Rechnung – höchste Zeit, sich zu überlegen, wie man die Urlaubskasse anderweitig auf den Kopf hauen und sich gleichzeitig die Zeit zu Hause vertreiben kann. Wir hätten da eine gute Idee: ein Mountainbike muss her. Was beim Kauf eines Mountainbikes wichtig ist und worauf man achten muss, erfahrt ihr in diesem Artikel.

Ganz allgemein empfiehlt es sich für jeden Einsteiger das Objekt der Begierde einmal gründlich Probe zu fahren, denn was im Katalog noch superschick wirkt, fährt sich dann in der Realität oft ganz anders als erwartet.


Fully oder Hardtail?

Die Gretchenfrage, die man sich gleich zu Beginn stellen sollte ist, ob man ein Fully oder ein Hardtail will. Wie der Name vermuten lässt, ist ein Hardtail nur vorne mit einer Federung ausgestattet, der hintere Teil des Rahmens ist starr. Im Unterschied dazu ist das Fully auch hinten gefedert. Der Vorteil des Hardtails ist, dass es bei gleichwertiger Ausstattung leichter und günstiger ist als ein Fully und – da keine Kraft im hinteren Dämpfer verloren geht – effizienteren Vortrieb bietet. Jedoch muss man dazu sagen, dass die Kinematik von Fullys immer besser geworden ist und man mittlerweile wenig Kraft in der hinteren Dämpfung verpufft. Dafür bietet ein Fully deutlich mehr Komfort und – gerade bei steilen Anstiegen mit losem Schotter – mehr Traktion und damit wieder mehr Vortrieb.

Ein Hardtail zu kaufen lohnt sich eigentlich nur, wenn euer gesetztes Budget nicht für ein anständiges Fully reicht, ihr ein möglichst leichtes Rad wollt, oder wenn ihr hauptsächlich auf Asphalt und Schotterpisten unterwegs seid. In diesem Fall könnt ihr auch mal einen Blick auf sogenannte Gravelbikes riskieren. Diese Räder kommen aus der Rennrad-Ecke, sind aber ebenfalls für Schotterpisten ausgelegt.


Laufradgrößen

Die nächste Frage mit der ihr euch beschäftigen müsst, ist welche Laufradgröße ihr bevorzugt. Früher hatten alle Mountainbikes 26 Zoll Laufräder, diese Größe ist aber mittlerweile so gut wie ausgestorben. Dafür haben sich zwei neue Standards etabliert: 29 Zoll und 27,5 Zoll. Die größeren Laufräder bieten dabei den Vorteil, dass ihr damit Hindernisse leichter überrollen könnt und ihr – wenn ihr mal Tempo aufgenommen habt – dieses leichter halten könnt. Dafür fühlen sie sich bisweilen träge an.

Die kleineren Laufräder sind vom Fahrgefühl her näher an der alten Laufradgröße dran. Ihr rollt zwar nicht so leicht über Hindernisse hinweg, dafür beschleunigen die kleinen Räder aber besser und vermitteln mehr das Gefühl von Spritzig- und Wendigkeit. Was für Euch besser passt, müsst ihr einfach mal ausprobieren. Beide Laufradgrößen haben ihre Berechtigung.


Der Federweg 

Hersteller, Fachmagazine und Händler teilen ihre Bikes in verschiedene Kategorien ein. Da diese Kategorien sich nicht immer zu 100% decken, kann das einen als Einsteiger ziemlich schnell mal überfordern. Schlussendlich sollen die Kategorien verdeutlichen, wie gut sich das Rad bergauf bzw. bergab bewegen lässt. Allgemein kann man sagen: Je mehr Federweg ein Rad hat, desto besser ist es zum bergabfahren. Dabei ist die Geometrie des Rahmens bei der Bestimmung des Einsatzzwecks eigentlich sogar noch wichtiger, der Federweg ist aber eine gute Approximation – vor allem eine, die man als Einsteiger leichter nachvollziehen kann. Räder mit 29 Zoll Laufrädern haben dabei immer ca. 10 – 30 mm Federweg weniger als die entsprechenden 27,5 Zoll Pendants einer Kategorie, da sie ja leichter über Hindernisse rollen. Die Angaben hier beziehen sich dabei auf 27,5 Zoll Räder.


  • Ein Cross Country bzw. Marathon Rad ist primär auf Vortrieb ausgelegt, der Spaß bergab steht nicht im Fokus. In diese Kategorie fallen auch die meisten Hardtails. Fullys dieser Klasse bieten vorne wie hinten etwa 100 – 120 mm Federweg.


  • Etwas abfahrtslastiger sind die sogenannten Allmountains (bisweilen werden sie auch Trailbikes genannt, früher wurde eher der Begriff „Tour“ dafür verwendet). Diese Räder haben so ca. 130-150 mm Federweg. Wie der Name schon sagt, handelt es sich bei dieser Klasse um die Allrounder. Man kommt immer noch ganz gut bergauf, aber auch die Abfahrten machen richtig Spaß. Wer auch mal eine Alpenüberquerung plant, ist hier am besten aufgehoben.


  • Enduros gehen bis ca. 180 mm Federweg. Hier steht dann schon der Abfahrtspaß im Fokus, der Weg hoch ist hier mehr notwendiges Übel. Im Unterschied zu reinen Downhill Rädern, sind sie aber so konzipiert, dass man es noch aus eigener Kraft nach oben schafft.


  • Downhiller haben üblicherweise nicht nur mehr Federweg als Enduros – sie sind deutlich stabiler konstruiert und wiegen dementsprechend mehr. Es sind Spezialisten, die im Bikepark zuhause sind und die ohne Liftunterstützung wenig Freude bieten.


Kaufen, leihen oder doch gebraucht?

Wenn ihr so gar keine Ahnung habt, was ihr wollt und euch der Artikel bis hierher nur noch mehr verwirrt hat, ist es sicher eine gute Idee, euch einfach mal ein Mountainbike zu leihen und auszuprobieren. Mit dem eigenen Hintern „er-fährt“ man die in der Theorie verwirrenden Unterscheide sehr schnell. Aber auch, wenn ihr mal etwas neues wie z.B. ein E-Bike oder einen Downhiller im Bikepark ausprobieren wollt ohne es direkt zu kaufen, kann Leihen eine sinnvolle Option sein. Für diejenigen unter euch, die schon ziemlich genau wissen, wo die Reise hingehen soll, kann es ebenfalls sinnvoll sein, sich erstmal ein Rad zu leihen. Es bietet einem nämlich die Möglichkeit einer umfassenden Probefahrt. Beim Händler könnt ihr meistens lediglich etwas auf der Straße vor dem Laden rumrollen. Unterschiede bei der Geländegängigkeit kann man dabei oft nur erahnen. Testcenter bieten darüber hinaus oft die Möglichkeit, die Leihräder direkt zu kaufen (und euch die Leihgebühr auf den Kaufpreis anrechnen zu lassen). Eine gute Option, falls ihr euch spontan verliebt. Achtet in diesem Fall aber darauf, dass die Verschleißteile erneuert werden. Dauerhaft zu leihen ist jedoch ein mühsames Unterfangen. Ihr müsst das Bike am Vorabend oder am Morgen der Tour erst einmal ausleihen mit Papierkram und allem Pipapo, später habt ihr den Zeitdruck vor Ladenschluss wieder zurück zu sein, damit ihr nicht noch einen Extratag bezahlen müsst.

Läden, mit einem entsprechenden Angebot findet ihr eigentlich in allen bekannten Bike Regionen und in der Nähe von Bikeparks. Auch wer sein Rad nicht mit in den Urlaub karren möchte, findet hier eine Alternative. In der Stadt sieht die Sache allerdings oft etwas anders aus, hier sind Läden, die Mountainbikes verleihen, seltener.  Zu guter Letzt gilt es auch zu beachten, dass das Leihen auf Dauer echt ins Geld geht, mit rund 100 Euro für ein Wochenende müsst ihr für ein gutes Bike durchaus rechnen.

Ein gebrauchtes Bike zu kaufen, ist an sich eine gute Möglichkeit, sich Geld zu sparen. Wirklich sinnvoll ist es aber nur, wenn ihr etwas Ahnung von der Materie habt oder jemanden kennt, der euch beraten und helfen kann. Verschleißteile gehen oft mehr ins Geld als man denkt und auch Schäden durch Stürze erkennt man nicht immer auf Anhieb – insbesondere bei Carbon sollte man sehr genau auf deren Spuren achten. Diese erkennt man oft schlecht, weil dabei keine Dellen entstehen. Im schlimmsten Fall, kann ein Rahmen mit Vorschaden aber spontan kollabieren – was dann mit der Fahrer*in passiert, kann man sich denken.

Photo: Katja Brömer

Budget

Wer sich für ein Hardtail entscheidet, sollte ca. 600 bis 700 Euro einplanen. Vernünftige Fullys gehen ab ca. 1800 Euro los. Wenn ihr nochmal ca. 100 bis 400 Euro mehr auf den Tisch legt, gewinnt ihr oft Funktionalität hinzu. Die Schaltungen bieten dann z.B. mehr Gänge. Ein wirklich praktisches Feature, das einen echten Mehrwert bietet, sind versenkbare Sattelstützen. Ihr müsst dann vor der Abfahrt den Sattel nicht mehr von Hand versenken, sondern könnt das bequem über einen Knopf am Lenker machen. Nochmal gedrückt kommt der Sattel für den Gegenanstieg dann wieder hoch. Die noch teureren Modelle bieten meist nur mehr wenig Zuwachs an Funktionalität, hier steht dann das Gewicht im Vordergrund. Klar ist jedes Gramm weniger, dass ihr den Berg hochschleppen müsst besser, aber gerade als Anfänger ist es fraglich, ob sich das lohnt und ob ihr die Zahlungsbereitschaft dafür mitbringt.


 Fazit

Ein Fahrrad muss passen, genauso wie ein Paar Schuhe passen muss. Wenn euch der Rahmen nicht passt, nutzt euch auch die beste Ausstattung bzw. das beste Preis-Leistungsverhältnis nichts. Gewisse Marken verlangen einen recht hohen Marken-Aufschlag, wenn die Geometrie dann aber besser passt, kann sich das durchaus lohnen. Das hängt aber auch von eurem Körperbau ab, es kann auch sein, dass euch die Marke mit dem uncoolen Design besser passt. Ich rate daher jedem dringend dazu, verschiedene Räder Probe zu fahren und sich nicht von anderen Verkaufsargumenten blenden zu lassen. Lieber fahrt ihr ein Rad mit schlechterer Schaltung, Federgabel etc. auf dem ihr aber ohne Schmerzen über Stunden sitzen könnt – Komponenten nachrüsten könnt ihr später im Fall der Fälle immer noch. Bedenkt aber, dass einzelne Teile immer teurer sind als beim Kauf eines Komplettrads. Bei einer Probefahrt solltet ihr gezielt darauf achten, ob euch etwas zwickt: Was ihr nach 10 min Probefahrt als leicht unangenehm wahrnehmt, schmerzt nach 6 Stunden wahrscheinlich schon ziemlich heftig. Den Sattel könnt ihr übrigens problemlos tauschen. Wie bequem ihr den verbauten Sattel findet, ist oft sehr individuell und sagt relativ wenig über die Qualität des Rads aus. Und jetzt: Viel Spaß beim Probefahren und viel Erfolg beim Fahrradkauf. Vielleicht treffen wir uns ja mal auf dem Trail!